Middle Rhine

Was liebe ich diesen Fluss!
Als Kind habe ich eine Weile da gewohnt. Mein Vater fuhr mit mir gerne ans Ufer, Schiffe gucken und die großen Kieselsteine bewundern.
Und jetzt nehmen wir immer die Strecken nach Süden direkt am Ufer lang.
Der Mittelrhein ist nicht so weit von hier, und eben die Ader für alles. Schiffe, Eisenbahn , Strasse, alles muss untergebracht werden.
Und Weinbau gibt es und Touristen. So viele Asiaten wollen die Loreley sehen und Amerikaner stehen auf den erbärmlichsten Kitsch.
So treibt die einen ein Gedicht hier her, die anderen die Kuckucksuhren und ihr ungewöhnlicher Geschmack.
Doch sie werden weniger. Die Gegend verkommt und man weiß nicht so recht, wie man sie retten kann. Die Bahn weigert sich bisher, leiser zu werden, obwohl es geht.
Ab und an setzen wir mit der Fähre über, einfach aus Freude an der kleinen Kreuzfahrt. Zwischen Koblenz und Mainz gibt es nämlich keine Brücke.
Man plant und plant. Die Mittelrheinbrücke bleibt ein Projekt,
Der Hauptgegner, der schöne Landrat Marlon Böhr, ist mittlerweile nach Berlin verdampft, die Landesregierung ist traditionell klamm aber dafür, die UNESCO und der BUND sind eher dagegen.
Bei St. Goar soll sie gebaut werden. Bislang gibt es da eine Minifähre, auf die so 6 Autos passen. Sie fährt nur am Tag. Wenn man nun auf der anderen Seite arbeitet, muss man, wenn man zu spät ist, einen Riesenumweg fahren. Ich liebe diese Fähren. Sie drehen so galant bei, schlängeln sich zwischen als den Lastkähnen durch und tun, was sie können.
Hier Fotos von der Bopparder Fähre und der von Nierstein nach Trebur.
Wenn man denkt, Trebur sei nur ein gottverlassenes Nest an einem gottverlassenen Seitenarm des Rheins, so täuscht man sich. Dort lag eine ehemalige Königspfalz, der Ort der Rheinüberquerung der US Armee und des schrecklichen Verbrechens von Kornsand.Sechs Menschen wollten am Kriegsende mit der letzten Fähre nach Nierstein übersetzen, wo schon die Amerikaner waren. Sie wurden verhaftet, obwohl ihnen nichts vorzuwerfen war, und sie wurden hingerichtet. Dann wurde die Fähre Landskron versenkt.

Hab noch was vergessen,: das Zeppelindenkmal in Kornsand. Ich habe es gesehen, aber nicht fotografiert

Ach ja, und die Holländer haben jetzt schon zwei Autochen auf ihren Lastkähnen. Sie haben ja meist kein Haus an Land wie die Deutschen Binnenschiffen, ihr Leben ist komplett an Bord.

Herr Kafka ist hier ums Eck groß geworden. Er bedauert den langsamen Verfall der kleinen Dörfer am Rand der großen Flusses.
Für 2029 plant man ein großes Ereignis, die Bundesgartenschau entlang des Mittelrheins. Vielleicht ändert sich dann alles.

@Elbwiese hat mich gerade auf einen Film aufmerksam gemacht.Sayonara LoreleyMit Fähre.


Rebellenhochschule

Mir geht die Seele auf bei so einem Film. Eine Schule in Berlin für Erwachsene, die das Abitur machen möchten. Es sind junge Menschen, die anderswo gescheitert sind. Der Unterricht beginnt um halb zehn, es kostet Schulgeld und man kann den Hund mitbringen. Alles ist basisdemokratisch organisiert. Die Lehrer sind ganz besonders, bekommen aber fast kein Geld für ihre Arbeit. Das ist vermutlich auch der Grund, warum sie länger arbeiten als sie müssten. ( Danke an @elbwiese).
Ach ja, die Räume sehen aus wie Hulle.

Film Rebel High School
Das ist sie:
Schule für Erwachsenenbildung

Das habe ich die Tage gefunden.
Zuerst denkt man, dass sie nie im Leben zusammenpassen. Hazel und Carmen, Robert und Thomas.Dann aber doch.
Meine Idole zusammen 😉 Kurzfassung

Hier alles

Geist und Blitz

Es hat sich vieles verändert im Ländle. Vor langer Zeit bin ich ausgewandert und hatte bis auf verwandtschaftliche Kontakte und ein paar Freunde wenig mitbekommen, was sich tut. Im Exil musste ich erklären, wieso so ein straffes CDU-Land nun eben die Grünen wählt und das nun zum dritten Mal.
Nun, ich dachte, ich verstehe die Mentalität ein bißchen. Man denkt nicht hierarchisch und das vermeintliche Preußische verachtet man unter anderem wegen seinem Drang zur Unterordnung. Man kontrolliert sich trotzdem gegenseitig und gibt gerne Tipps zur Lebensführung. Ja, das fehlt mir halt nicht.
Man mag keine staatliche Kontrolle und geht auch dagegen vor. Das Geburtsland der Grünen ist nicht ohne Grund Baden Württemberg.
Die freien Badener, die bockigen Württemberger, gemeinsam saßen sie vor geplanten Kernkraftwerken und den Atomwaffenlagern.
Man lässt sich halt nicht gerne bestimmen.
Nun. Jetzt zu sehr merkwürdigen Veränderungen. Ich hole jetzt etwas aus. Radarfallen gab es schon immer, hellgrüne Kästen am Ortsrand und an uneinsehbaren Stellen. Ab und an kletterte die Dorfjugend hoch und holte eine Spiegelreflexkamera raus, oder schoss zum Abschluss des Schützenfestes mit Schrotgewehren drauf. Ging auch. Man wollte sich nicht kontrollieren lassen.
Jetzt aber stehen neben den alten Starenkästen dunkle Säulen, die nach allen Richtungen messen. Drei in einem Dorf.
Und ganz viele stehen im Kreis Tübingen
Warum lassen sich die Leute diese offensichtlichen Geldbeschaffung gefallen? Ich kenne meine Schwaben nicht wieder (im Badische sind die Blitzer seltener.)
Es sind keine Gefahrenstellen, sie stehen kurz nach dem 30er-Schild und kurz vor der 50er-Tafel.
Fahren sie selbst nicht mehr rein und möchten so gerne an das Geld der überraschten Touristen kommen?
Hat sich der Charakter gewandelt und man findet solche behördlichen Maßnahmen plötzlich toll?
Eine unrepräsentative Umfrage im Freudes- und Verwandtenkreis hat verschiedene Aussagen ergeben.
Ich stelle sie jetzt einfach mal vor.
– Sie fahren auch selbst rein und ärgern sich, und das nicht mal so selten.
– Wenn man sich einfach an die Vorschriften halten würde, passiere ja nichts.
– Die Leute sind genervt vom vielen Durchgangsverkehr und dem Lärm. Und sie sehen es als Gegenwehr. Sie bekämen keine Umgehungsstraße, so gibt es eben Blitzer.
– Sie sind eine sichere Einnahmequelle für die Gemeinden.
– Man könne sich nicht mehr so einfach anschleichen wir früher. Die Bilder werden direkt übertragen. Aber im Nachbardorf hätten schwarz Gekleidete bei Nacht einen Autoreifen über eine Säule gestülpt und ihn angezündet. Nein, man weiß bis heute nicht, wer es war.

Auf meine Frage, warum sie nichts dagegen unternähmen, kam nur Schulterzucken. Man kann eh nichts machen.
Ich glaube, der Geist hat sich gewandelt, ist einer doch sehr kleinkarierten Weltsicht gewichen.

Im Bruchsaler Schloss gibt es eine kleine Ausstellung zur badischen Revolution 1848.
Badische Revolution
Ein bisschen unpassend ist das schon, in einem Schloss als Sitz der Herrschenden verehrt man die Demokratie. Oder bedeutet das etwa, sie hat nun gesiegt? Die Revolutionäre haben übrigens die Tore des Bruchsaler Gefängnisses mit Beilen zerschlagen um die gefangenen Revolutionäre zu befreien.

Kennzeichnend für die Badische Revolution im Unterschied zu den anderen Erhebungen im Deutschen Bund war, dass in ihr die Forderung nach einer demokratischen Republik am konsequentesten vertreten wurde. Demgegenüber favorisierten die Gremien und Revolutionsparlamente der anderen Fürstentümer des Deutschen Bundes mehrheitlich eine konstitutionelle Monarchie mit einem Erbkaisertum.

Sie wurde angeführt unter anderem von Friedrich Hecker einem promovierten Juristen aus dem Kraichgau.
Der Aufstand ging schief und Hecker floh in die USA. Dort beschäftigte er sich mit Weinanbau und es gelang ihm, Kerne des reblausresistenten Reben nach Deutschland zu schmuggeln.
Als Kind kannten wir noch diese Zeilen. Man sprach sie so lange bis der Schluckauf weg war. “Hecker Hecker, gang über dr Neckar, gang über den Rhein. Komm nemme heim.“
Der Schluckauf hieß auch Hecker.

Und das Lied gibt es noch dazu.

Ludwig Pfau „Ohne die Auflösung Preußens in seine Stämme ist die Bildung eines einigen und freien Deutschland eine absolute Unmöglichkeit. Ceterum censeo Borussiam esse delendam.“
Gustav Struve
Er verbrachte eine Nacht im Bruchsaler Gefängnis, bevor ihn die Revolutionäre befreiten.
Struve war schon 1832 durch die Lektüre von Jean-Jacques Rousseaus Roman Émile Vegetarier geworden und wurde in den sechziger Jahren zu einem der Begründer der vegetarischen Bewegung in Deutschland. Nach der Revolution floh er nach Amerika, kam aber nach eine Amnestie wieder zurück. 1868 gründete er „mit Gesinnungsgenossen“ aus Stuttgart und Umgebung einen vegetarischen Verein

Dieses Jahr wird die Badische Revolution 175 Jahre alt. Hier sind einige Artikel der Badischen Zeitung zum Thema.