Oft sah zum Fenster raus und blinzelte in die Sonne, fuhr mit dem Rad in der Gegend rum, saß im Stadtpark auf einer Bank und las. Ich wunderte mich über manches und schaute den Leuten zu. Und ich dachte nach, ich dachte viel nach.
Manchmal traf ich mich mit einer Freundin. Wir saßen rum, aßen Chips und hörten Musik. Manchmal gingen wir ins Freibad, froren und schwammen im eiskalten Wasser, und lagen dann stundenlang in der Sonne. Im Stadtpark konnte man auch gut Rollschuh fahren. Schoner für Knie und Ellbogen gab es nicht, so habe ich heute noch Erinnerungen in Narbenform. Im Winter ging man Schlittenfahren auf einem vereisten Waldweg oder eine Minischanze an den Bahngleisen. Auf‘s Eis durften wir nicht, auch wenn alle anderen Schlittschuhe hatten.
Immer wieder bracht ein Kind ins Eis ein. Zu gefährlich wurde beschlossen.
Wann ich Hausaufgaben gemacht habe, weiß ich nicht mehr. Ich glaube, ich hatte sie schon fertig als ich aus der Schule kam.
Den Rest des Tages vergammelte ich.
Ich galt als faul. Naja, meine Mutter ließ sich nicht viel helfen. Ich hätte ihr gerne Arbeit abgenommen. Für mich blieben Abstauben und Aushilfsarbeiten im Nähzimmer. Schnitte rausmachen, auftrennen, durchheften, solche Sachen. Gefühlt habe ich sieben Jahre das 1. Lehrjahr wiederholt.
Die Küche war Sperrzone außer für Spülen und Abtrocknen.
Sie wollte alleine sein beim Kochen, abschauen gab es nicht. Ab und an habe ich es geschafft, experimentelle Torten herzustellen. Naja, die Familie stand nicht so sehr auf Überraschungen beim Essen.
Ich schon. Ich habe mich ja auch bei der ungarischen Nachbarschaft durchgefuttert.
Jedenfalls galt ich als faul, obwohl ich viel gestrickt und gestickt habe. Welche Arbeit man von mir erwartete? Keine Ahnung. Während die Familie vor dem Fernseher saß, las ich mich durch die Stadtbibliothek
Achja, für die Schule arbeiten und meiner kleinen Schwester die Hausaufgaben machen. Die hat sie nämlich nie selbst hinbekommen.
So habe ich ihr den Stoff vom Vormittag erklärt und dann versucht, das in Hausaufgaben umzusetzen. Eine Tortur.
Dass ich da die Nerven behielt, war ein Wunder. Dann kann ich gleich Lehrerin werden, dachte ich. Und so war es auch.
Ach ja, Lehrer sind ja auch faul.
Über das FaulseinKrautreporter: Stress als Statussymbol
Dann die Sonne. Für das Freibad gab es damals nur das Tiroler Nussöl.
Es roch gut und man war unheimlich glitschig. Ob es half? Keine Ahnung. Ich wurde braun, meine Schwester rot.
Vermutlich musste der Bademeister jeden Abend eine Schicht Nussöl vom Wasser fischen.
Der Hübsche von Frau Brüllen erklärt das mit der Sonnencreme
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Mosaik in schnell
Mir ist so kannibalisch wohl als wie 500 Säuen
Still standing
Tiroler Nussöl und auch sonst ähnliche Erinnerungen. Ich bin 57. Und Sie, wenn Sie‘s verraten mögen? Wehmut und grad Abstreifen von „Altem“…
Bin aus dem Paläozoikum😊.
Ja, schlüpfe gerade aus einem Kokon. Kleiner Blick zurück, dann die Flügel aufpumpen und los geht’s.
coole Antwort😅
Wir hatten zwar in den 50er Jahren ein kleines Kajütmotorboot, aber sonst hatten wir nichts, kein Auto und keinen Fernseher. Das Schiff war ein Loch im Wasser, in das meine Eltern das ganze Geld steckten. Sonnenschutzfaktor? Gab es nicht. Ich wurde rot, Nivea drauf, die Haut pellte irgendwann, ich wurde braun, also die Haut. Irgendwann wurde die Haut im Winter gar nicht mehr weiss. Wo die Badehose sitzt, kann man das ganze Jahr bei mir sehen. Hautkrebs? Toi toi toi – mit meinen 74 Jahren bin ich bisher verschont geblieben – trotz Sonnenbrand und pellender Haut in vielen Sommern an bzw. auf der Ostsee. Ich bin nicht stolz darauf, dass es so ist. Und heute freue ich mich darüber, dass wir auf unserer Terrasse Halbschatten haben.
Ja, alles war wilder früher.😊
Mir tun manchmal die Kinder leid heute, die so fremdbestimmt und auch in Sorge und Angst aufwachsen. Prinzen und Prinzessinnen in goldenen Käfigen.
Klasse geschilderte Vergangenheitsszenerie mit hübscher Berufsfindung durch durchgemachte Erfahrung! Wer weiß, wie es bei den Krokodilen geworden wäre…schmunzel …
Danke ☺️