Die letzten Schultage sind da. Die Kinder und Jugendlichen sind einfach platt, endgültig platt. Ein paar Lehrpersonen haben nochmals ne Scheibe drauf gelegt und noch ne Hausaufgabenüberprüfung und noch ein Referat eingefordert. Schon beim Zuhören verlässt einen der Mut.
Und dann die wilde Klasse, deren Mitglieder die Noten wurschd sind, die rumkrakeelen, als ob es kein Morgen gäbe. Eh egal, ich bleib sowieso sitzen, brüllt der eine. Und bläst zum Hallali.
Na dann.
Jetzt noch ein Ausflug, ein bisschen Eisdiele, ein Sportfest, eine Verabschiedung, Zeugnisse und der Drops ist gelutscht.
Das Große Britannien wählt. Man weiß eigentlich schon, wie es ausgeht. Man hat die Konservativen einfach satt. Sie haben ja auch Unglaubliches angerichtet. Ein Erklärungsversuch vom Standard:
Warum der Kontinent nach rechts, Großbritannien aber nach links strebt
Sie haben es hinter sich, sagen wir mal so.
Das Wahlsystem, das im Prinzip nur zwei Richtungen zulässt, verhindert die Extreme. Sie sind der rechten Schreihälse überdrüssig. Wäre es doch bei uns auch so.
Ein Journalist beschreibt in der FAZ, wie es sich anfühlt, in Sachsen zu leben.
Wir hatten hier Arbeitslosigkeit, die wirklich viele Menschen extrem belastet hat. Das Thema ist durch. Wir haben Vollbeschäftigung, wir haben Neuansiedlungen, den Menschen geht es gut. Die Straßen sehen geleckt aus im Vergleich zu manchen Orten im Westen. Und trotzdem äußert sich eine riesengroße Unzufriedenheit.
Er versteht nicht, was da los ist. Viele Menschen haben die Sachebene verlassen und hetzen nur noch. Ein bisschen erinnert mich das an die Hochzeit des Brexit.
Der Fangesang der niederländischen Fussballfans drückt es aus: „Links rechts“ lauten die Zeilen im Refrain – abgerundet werden sie von einem allseits verständlichen „Dö-dö-dö-dö-döp“.
Vielleicht ist er tatsächlich das Lied unserer Zeit links-rechts.
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Schule und was man so mitmacht 1
Schule und was man so mitmacht 2
I like to be normal
Falls mal wieder jemand sagt: the land of the free and the home of the brave y
Frau hilft Frau
Kind und Kacke
Wanderuterus auf Suche
Hab mi schon gwundert, warum das Kind so lästig ist
A Sanitärartikel!
Selber gebastelt
Milky Way
Nudeltanz
Gu gu und fu fu
Role model
Noch eins
Ich muss dem sächsischen Journalisten Recht geben – es ist nicht zu verstehen, warum die Menschen hier unzufrieden sind. Es geht uns hier in Sachsen nicht schlechter as anderswo in Deutschland. Wer rechtsextreme Parteien wählt, hat sich aufhetzen und instrumentalisieren lassen und das nehme ich den Menschen übel: diese Denkfaulheit, das Hereinfallen auf scheinbar einfache Lösungen für überhöhte Probleme und daraus resultierende, z.T. völlig irrationale Ängste. Ein Teil davon mag tatsächlich für demokratische Prozesse verloren sein; viele sind es nicht und einfach nur auf den sprichwörtlichen Leim gegangen. England hat es schon hinter sich (das trifft den Kern sehr gut, finde ich) und ist offenbar glimpflich davongekommen – ich möchte nicht herausfinden müssen, ob es in Deutschland auch so funktionieren würde; angesichts unserer Geschichte und der rechten Gallionsfiguren bin ich da mehr als skeptisch.
Ich glaube auch, dass unsere Rechten gefährlicher und gründlicher sein werden als die Briten.
Der neue MP hat ja in der Nacht noch alles gestoppt was mit der Ausfuhr der Asylbewerber nach Ruanda zu tun hat.
Danke für den Bericht aus Sachsen. Es muss schwer sein, als reflektierter Mensch jeden Tag zu tun zu haben mit dem Produkt der rechten Propaganda. In meinem Alltag sind es die Russlanddeutschen, die ihr auf den Leim gehen. Schön einfach, schwarz weiß, herzlos egal.
Darf ich ein wenig Differenzierung in das Thema Ossi-Unzufriedenheit reinbringen?
Erst einmal: Wer sich von den Nazis aufhetzen lässt ist bescheuert. Wie man darauf kommt, dass Migration die Probleme im Osten verursacht hat und dass weniger davon Probleme lösen würde ist mir noch immer unklar. Die Ursachen der Probleme sind historisch und werden sich vermutlich genausowenig lösen lassen wie der Kontrast zwischen Sizilien und Mailand. (Oder Gelsenkirchen und Hamburg.)
Aber dieses „jetzt ist Vollbeschäftigung und die Straßen sehen geleckt aus, was haben die noch zu meckern“ ist halt einfach zu kurz gedacht. Vollbeschäftigung ist ja nicht, weil die Arbeitslosen von vor 15 Jahren jetzt sozialversicherungspflichtige Jobs mit vielleicht noch Tarifvertrag haben. Diese Leute sind jetzt erwerbsunfähig, beziehen Mindestrente (stellen fest, dass die „Mindestrente“ für sie nicht gilt – der Vater meiner Schulfreundin), racken in irgendwelchen Hilfsjobs oder sind in den Westen gegangen. Oder haben jahrelang gekämpft, bis ihr Abschluss anerkannt wurde. So ein ostdeutscher Fachschulingenieur mag zwar genausoviel wissen wie ein westdeutscher FH-Absolvent, wird im öffentlichen Dienst aber knallhart als Techniker eingestuft und bezahlt wie ein Facharbeiter. (Mein Vater)
Wer jetzt vollbeschäftigt ist, ist die dritte Generation junger Leute, ein paar Heimkehrer und Leute aus dem Westen, die genauso zuuuuufällig auf den Chefposten landen wie die Männer in gesamtdeutscher Betrachtung.
Exkurs: Man merkt der verbliebenen Bevölkerung allerdings auch an, wenn von zwei Generationen alle Jungen, die irgendwie flexibel und gut ausgebildet waren, weggezogen sind. Da ist dann unter dem Rest der Anteil an Propagandaempfänglichen halt einfach höher. Achtung Sarkasmus: In manchen Dörfern sind halt echt nur die übrig geblieben, die zu doof waren den Weg zum Bahnhof zu finden. Das bayerische Äquivalent sind da manche Alpentäler. 🙂
Die hübsch gemachten Straßen helfen auch niemanden, wenn sich niemand die Wohnungen darin leisten kann.
30 Jahre relative Armut haben Folgen. Zum Beispiel sind meine Eltern 15 Jahre jünger als die Eltern meiner westdeutschen Freunde, aber gesundheitlich auf dem gleichen Level. Und die Statistiken zu Durchschnittsvermögen kann sich ja jeder ansehen. Ist halt ein Unterschied, wenn man fürs Pflegeheim das Erbe für die Kinder angreifen muss, oder ob sich die Frage gar nicht stellt, weil kein Erbe da ist.
(Exkurs: Es hat ein paar Jahre gedauert, aber inzwischen denke ich, dass es nicht nur schlecht ist, kein Geld/Immobilien in der Familie zu haben. Viele Konflikte und Machtkämpfe werden so vermieden. Dafür rasselt man nach einem Jahr auf Hartz IV durch, wenn man warum auch immer nicht mehr arbeiten kann.)
Wer meint, dass die Lebensverhältnisse gleich sind, gehe mal in einen Netto/Lidl/Aldi im Münchner Umland und in einen in Mecklenburg Vorpommern und betrachte die Obst- und Gemüseauslage.
TLDR: Es ist eine völlig zutreffende Beschreibung, dass es im Osten deutlich besser ist als früher (auch als vor der Wende), aber immer noch klar schlechter als im Westen (wobei der Westen eher Hamburg und München ist, nicht Gelsenkirchen.)
Vielen lieben Dank für die Ausführungen und den ausführliche Einblick in die persönlichen Lebensumstände. Das mit den nicht anerkannten Ausbildungen war mir nicht bekannt. Wir haben drei Kolleginnen aus dem Osten, deren Ausbildung komplett anerkannt wurde.
Der Vergleich mit großen Städten im Westen hinkt etwas. Auf dem Land im Westen ist es so, dass eben die Straßen marode sind, große Löcher haben und die Ränder abgefahren sind. Und die Leute ziehen auch weg. Die Krankenhäuser machen zu, die Arztpraxen und Apotheken ebenfalls. Und die alten Höfe verfallen, weil sie niemand kauft. Wir sind halt rheinisches Mittelgebirge und nicht das Allgäu.
Es wählen aber merkwürdigerweise die die Rechten, die Häuser haben. Dazu kommt die irrationale Angst der aus Russland kommenden Deutschen, dass man ihnen wieder alles wegnimmt. Das ist ihre Erfahrung aus Russland und all den Deportationen über Generationen.
Ich denke es kommt/kam auf den genauen Abschluss an, wo derjenige arbeiten möchte und wer die Einstufung vornimmt. Glückssache halt.
Und ja das Stadt-Land-Gefälle und die verschiedenen Regionen sind sehr unterschiedlich. Das Saarland sieht anders aus als Bayern oder Franken. Und brandenburgische Dörfer sehen nicht aus wie Leipzig. 🙂 Die hübschen Straßen sind eher in Leipzig.