Die Ereignisse in Syrien überschlagen sich. Gerade wurde gemeldet, dass die Rebellen in Damaskus angekommen sind. Und überall freuen sich die syrischen Flüchtlinge, dass der Diktator Assad das Land verlassen hat. Die Brutalität des Regimes hat dazu geführt, dass 14 Millionen Menschen das Land verlassen haben. Soviel hat Bayern Einwohner.
Es ist ein Unterschied, ob man ein Land verlassen muss, weil Gefahr für Leib und Leben ist, oder weil man möchte.
Dafür sind die Gründe unterschiedlich.
Eine ziemlich willkürliche Auswahl von dem, was ich im letzten Jahr gehört habe.
Man möchte nach Paraguay weil dort Land billig ist und man mehr Freiheiten hat.
Man möchte in die Schweiz, weil man da sehr viel mehr verdient.
Man möchte nach Ungarn, weil die Häuser und das Leben so billig sind dort.
Man möchte nach Spanien, also Mallorca, Kanarische Inseln und die Costa Blanca, weil es dort Sonne gibt und Deutsche.
Von ganz anderer Seite höre ich:
Wo gehen wir hin, wenn hier die Rechten gewinnen?
Sie machen sich breit, und ihr Hass und ihre Verachtung fegt über Länder hinweg.
Die Frage ist berechtigt, wohin man denn gehen kann um in Frieden und Freiheit zu leben.
Bei Costa Rica habe ich mir wieder ernsthaft Gedanken darüber gemacht.
Es gibt wohl um die 8000 Deutsche da, die angemeldet sind. Über die, die immer wieder ein- und ausreisen, um mit einem Touristenvisum dort leben zu können, habe ich nichts gefunden.
Die beste Übersicht gibt es auf der Seite der Deutschen Schule Colegio Humboldt in San José.Die Geschichte der Deutschen in Costa Rica
Erste deutsche Auswanderer kommen seit 1823 nach Costa Rica, vor allem nach der gescheiterten Revolution in den deutschen Staaten in den Jahren 1848/49. Die Deutschen immigrieren allein oder mit ihrer Familie und nie in dem Umfang wie in die USA. Im Jahr 1864 ergibt eine Volkszählung lediglich 164 Deutsche in Costa Rica.
Doch obwohl die deutschen Einwanderer zahlenmäßig unbedeutend sind, gelingt ihnen auffallend schnell der Aufstieg in die wirtschaftliche und gesellschaftliche Elite des Landes
Sie waren angesehen und haben schnell Farmen aufgebaut und Kaffee angepflanzt. 1912 wurde dann die Deutsche Schule gegründet.
In einem nächsten Schritt werden Lehrkräfte aus Deutschland angeworben, die nach den Vorstellungen des Schulvorstands über folgende Qualifikationen verfügen müssen: „takvolles Auftreten; vor allem müsste der Betreffende gut mit Kindern umzugehen verstehen und gegen die Eltern liebenswürdig und entgegenkommend sein; wünschenswert wäre auch, dass er sogleich durch sein Äußeres für sich einnimmt, worauf man hier viel gibt.”
Man führte ein moderates Leben, sprach Spanisch in den Familien und war mit Einheimischen verheiratet. Kaisertreu war man auch und behielt aus praktischen Gründen den Deutschen Pass.
Nach 1919 kamen andere Leute ins Land. Sie waren arm und nationalistisch eingestellt. Einige der Alteingesessenen haben sich der Ideologie angeschlossen.
Ende der 30er wurde der Hitlerbewunderer Cortes Präsident, natürlich zum Vorteil der Deutschen.
Das nationalistische Gedankengut machte sich breit, obwohl ja Costa Rica mit seinen so verschiedenen Menschen überhaupt nicht in die Rassentheorie passt.
1939 beginnt der Krieg, 1940 kommt ein neuer Präsident. Die USA macht Druck, Costa Rica liegt strategisch gut zwischen zwei Ozeanen.
Quelle hier
1941 dreht es sich. Zwei Schiffe, ein deutsches, die Eisenach, und ein italienisches, suchen Schutz im Pazifikhafen Puentarenas.
Das will man nicht, verhaftet die Besatzung und verbrennt die Schiffe.
Die Besatzung wird von den USA eingefordert und dort gefangen gehalten.
Es gibt Aufruhr unter den Deutschen in Costa Rica, mit den Folgen, dass die Deutsche Schule und der Deutsche Club geschlossen wurden und enteignet. Es geht weiter nach dem Angriff auf Pearl Habor Ende 1941. Danach erklärt Costa Rica Deutschland den Krieg und baut Internierungslager für die Deutschen. Man schränkt ihre Möglichkeiten zu Handel ein. Es folgt ein Angriff eines deutschen U-Bootes auf einen Bananenfrachter im Hafen von Puerto Limón.
Als Reaktion wurden Gebäude der Deutschen beschädigt und ausgeplündert, Menschen verletzt. Anschließend erfolgte die Enteignung der Ländereien, es gehen manche an Verwandte des Präsidenten. Der Rest wird verkauft um den verschuldeten Staat zu sanieren.
Nach dem Krieg bekamen nur wenige ihre Ländereien zurück.
Manche hatten es vorher geschafft, sie an ihre Kinder mit costa-ricanischer Staatsangehörigkeit zu überschreiben. Sie durften nicht enteignet werden.
Nach der Rückkehr erfolgte eine Umschreibung zu „tugendhaften Opfern“, obwohl die Nazipropaganda viele Anhänger hatte im Deutschen Club und der Deutschen Schule.
Quelle
1955 wurde eine neue Deutsche Schule, das Colegio Humboldt gegründet und ausgerechnet der alte Schulleiter, NSDAP-Mitglied, wurde wieder zum Schulleiter ernannt. Naja.
Heute jedenfalls kann man sich an deutschen Auslandsschulen bewerben.
Es gibt Stellen für Ortslehrkräfte, die bekommen weniger Gehalt, oder man wird abgeordnet von einer Deutschen Schule.
Das sind Deutschen Schulen im Ausland
Es gibt aber auch andere Möglichkeiten.
Einwandern nach Costa Rica heute
Besteht der Wunsch nach einer Insel, bitteschön.
Inseln zum Auswandern
Es wird wieder ernster. Siegmund Freud hatte es gerade ao geschafft, vor den Nazis aus Wien zu fliehen.Es spricht in der BBC über seine Auswanderung nach England
Und ein Deutscher, der Gründe dafür angibt, nicht mehr auswandern
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Die ekelhaft Extremrechtspartei hat heute sofort ihre große Klappe aufgerissen, die Syrer müssten nun gehen. Ach, ich hab die so satt.
Wenn ich die verzerrten Münder sehe, wird mir übel.
Aber so mag ich hier nicht aufhören.
Ich freu mich einfach für die Syrer und Syrerinnen, dass ihre Heimat nun diktatorfrei ist. Und es sieht aus, als ob sie die russischen Freunde auch los sind. Wie schön.
Torte, Schneckle und Hefezopf in San José





Wichtiger Text. Sollte man sich anheften. Wir haben den Ekel hier und müssen ihn hier klarmachen. Nicht woanders. Auch woanders kann alles kippen.
Ja, ich weiß. Aber manchmal möchte ich wegrennen.
das sehe ich auch genauso, bin auch bereit, salz ins getriebe zu streuen.
Ja. Nicht ruhen und sich nicht die Freiheit und die Freundlichkeit nehmen lassen.
Exil ist keine Alternative. Viele Exilanten haben sich umgebracht, weil sie mit dem Leben in Lateinamerika nicht klar kamen. Die geflüchteten Nazis haben sich dagegen pudelwohl gefühlt. Schon das wäre ein Argument dagegen.
Die Frage ist auch, ob man Geld hat. Und wie alt man ist. Jung und gesund mit einem guten Beruf und einem Arbeitgeber, der einen will, könnte es klappen.
Ansonsten kommt man aus der Blase der Deutschen und den Abhängigkeiten nicht raus. In Costa Rica darf man zwar ein Unternehmen führen aber in keinem arbeiten, da man den eigenen Leuten Arbeitsplätze wegnimmt.
Von den Paraguayträumern sind schon einige wieder zurück. Sie konnten kein Spanisch und die Löhne sind so gering da, man muss bestechen und die Polizei ist wenig hilfsbereit, sagen wir mal so.
Ich dachte eher an Irland, aber ich bin ja keine zwanzig mehr.
In Irland habe ich 2016 ein kurzes Praktikum gemacht. Schon nach zwei Monaten hatte ich Sehnsucht nach Deutschland. Es fehlt so viel
Das würde mich interessieren, welche Erfahrungen Du gemacht hast.
Ja, es ist vieles anders. Aber die Menschen dort sind herzlich und tolerant. Ich glaube, zur Not könnte man da leben. Die Freundin ist Irin und sie wollte nie einen Iren heiraten. Sie trinken zu viel und arbeiten zu wenig, sagt sie. die ganze Arbeit bleibt an den Frauen hängen.
Aber entspannt sind alle.
Das mit der Toleranz kippt gerade ein bisschen. Auch dort will man keine Zuwanderung mehr. Und in politischen Fragen galt das noch nie. Es gab Leute, die haben nicht mehr mit mir gesprochen, weil ich gesagt habe „Ich fahre nach Londonderry“ , weil die Stadt für Iren nur Derry heißt.
Für mich war es aber vor allem das ständig feuchte Wetter, die schlechte Infrastrukur, der fehlende Winter und der Mangel an Bäumen (die haben wohl schon die Wikinger abgeholzt). Von den Preisen ganz zu schweigen…
Stimmt, es ist teuer. Und man muss sich in die Befindlichkeiten zu den bloody Britisch schon einfühlen können.
Wir hatten bis auf einen Tag immer Glück mit dem Wetter, eitel Sonnenschein, obwohl es vorher und nachher wohl geregnet hat.
Das „baumfrei“ ist ein starkes Argument.
Ich denke über so etwas auch nach. Leider haben die von mir bevorzugten europäischen Länder den Rechtsruck bereits hinter sich. Würde schon gerne wenig abgeschieden leben, sonst käme auch das bei vielen Deutschen beliebte Neuseeland in Frage. Medizinische Versorgung im Ausland ist auch immer ein Thema, nicht nur im Alter.
Von Rechtsruck zu Rechtsruck ist auch nix.
Neuseeland oder Canada nehmen halt nur bestimmte Berufe auf. Hab mal für beide Länder Einwanderungsbestimmungen ins Deutsche übersetzt. Einfach ist das nicht.
Aber fast überall un Südamerika sucht man Biolehrer.
Aber das sind die Schwurbler schon.
https://www.lehrer-weltweit.de/jobs#location=69
Die Sueddeutsche weist auf steigende Kriminalität und Drogenprobleme in Costa Rica hin: https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/politik/costa-rica-kokain-drogen-kriminalitaet-lateinamerika-e812229/
Das wäre dann glaube ich doch kein Land für mich.
Wir haben nichts bemerkt. Ich glaube, dass man weiß, wo man hin muss, wenn man Drogen kaufen will.
Das Land kämpft gegen die Narcos, das liest man überall. Die Drogenbarone versuchen die Macht zu übernehmen.
manchmal ist man eben fertig mit allem…(kleine Sinnlosrandbemerkung)
Gruß von Sonja
Ja, sich ein bisschen verkrümeln ist erlaubt.
Vielen Dank für den Überblick!
Gerne. Hat ein bisschen gedauert, bis ich alles gefunden hatte.
Überrascht war ich über Auswanderer, die sich radikalisieren ließen ohne Internet, nur durch zugereiste Aufwiegler. Und dabei lebten sie zwischen und mit Menschen aller Hautfarben.
Ich beginne da gleich zu psychologisieren, aber lasse das sein: ich weiß zu wenig darüber. – Auswanderer nach 1848/49 kenne ich aus Karl May (Klekipetra), auch in anderen Reisegeschichten (Somerset Maugham?), aber alles eher vor dem Ersten Weltkrieg. Und natürlich eher verklärt.
Habe zwar Winnetou gelesen, aber vor vielen Monden. An ihn erinnerte ich mich nicht mehr.
Ich habe viel mit zurückgenommen Auswanderern zu tun.
Ich glaube, im Ausland entwickelt sich eher eine Vorstellung davon, was Deutschsein ist, einfach in der Abgrenzung.