Stört nur nie den Frieden der Liebenden

Ich werde ihm Rosen bringen, von Dir und von mir.
Das hatte ich Lila vor langer Zeit versprochen.
Doch es war Sonntag und keine waren zum Verkauf. So gab es weiße Blüten, gepfückt an einer Mauer. Er wird es mir nicht übel nehmen.
Seinen Gedichte mit bittersüßem, wildem Verlangen und zartgewebtem süßem Sinn bin ich entwachsen und doch rührt er mich. Ab und an streift mich ein Satz von ihm und klingt noch etwas nach.

DAS UNVERZEIHLICHE

Wenn ihr Freunde vergeßt, wenn ihr den Künstler höhnt,
Und den tieferen Geist klein und gemein versteht,
Gott vergibt es, doch stört nur
Nie den Frieden der Liebenden.

Nur ein paar Schritte entfernt liegt ein anderer, dessen Balladen sich so gut lernen lassen. Kinderköpfe hat man vollgestopft damit.
Noch heute kann ich es aufsagen.

Die Kapelle
Droben stehet die Kapelle,
Schauet still ins Tal hinab,
Drunten singt bei Wies‘ und Quelle
Froh und hell der Hirtenknab‘.

Traurig tönt das Glöcklein nieder,
Schauerlich der Leichenchor;
Stille sind die frohen Lieder,
Und der Knabe lauscht empor.

Droben bringt man sie zu Grabe,
Die sich freuten in dem Tal:
Hirtenknabe! Hirtenknabe!
Dir auch singt man dort einmal.

Hier das gruseligste Gedicht meiner gesamten Kindheit.
Noch heute sehe ich das tropfende Blut und den Sattelknauf vor mir.

Schwäbische Kunde. Von Ludwig Uhland.

Als Kaiser Rotbart lobesam
Zum heil’gen Land gezogen kam,
Da mußt‘ er mit dem frommen Herr
Durch ein Gebirge, wüst und leer.
Daselbst erhub sich große Not,
Viel Steine gab’s und wenig Brot,
Und mancher deutsche Reitersmann
Hat dort den Trunk sich abgetan.
Den Pferden war’s so schwach im Magen,
Fast mußt‘ der Reiter die Mähre tragen.
Nun war ein Herr aus Schwabenland,
Von hohem Wuchs und starker Hand,
Des Rösslein war so krank und schwach,
Er zog es nur am Zaume nach,
Er hätt‘ es nimmer aufgegeben,
Und kostet’s ihm das eigne Leben.
So blieb er bald ein gute Stück
Hinter dem Heereszug zurück.
Da sprengten plötzlich in die Quer
Fünfzig türkische Reiter daher,
Die huben an auf ihn zu schießen,
Nach ihm zu werfen mit den Spießen.
Der wackre Schwabe forcht‘ sich nit,
Ging seines Weges Schritt für Schritt,
Ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken,
Und tät nur spöttisch um sich blicken,
Bis einer, dem die Zeit zu lang,
Auf ihn den krummen Säbel schwang.
Da wallt dem Deutschen auch sein Blut,
Er trifft des Türken Pferd so gut,
Er haut ihm ab mit einem Streich
Die beiden Vorderfüß‘ zugleich.
Als er das Tier zum Fall gebracht,
Da faßt er erst sein Schwert mit Macht,
Er schwingt es auf des Reiters Kopf,
Haut durch bis auf den Sattelknopf,
Haut auch den Sattel noch in Stücken
Und tief noch in des Pferdes Rücken:
Zur Rechten sieht man, wie zur Linken,
Einen halben Türken heruntersinken.
Da packt die andern kalter Graus,
Sie fliehen in alle Welt hinaus,
Und jedem ist’s, als würd‘ ihm mitten
Durch Kopf und Hals hindurchgeschnitten.
Drauf kam des Wegs ’ne Christenschar,
Die auch zurückgeblieben war,
Die sahen nun mit gutem Verdacht,
Welch Arbeit unser Held gemacht.
Von denen hat’s der Kaiser vernommen,
Der ließ den Schwaben vor sich kommen,
Er sprach: „Sag‘ an, mein Ritter wert!
Wer hat dich solche Streich‘ gelehrt?“
Der Held bedacht‘ sich nicht zu lang:
„Die Streiche sind bei uns im Schwang,
Sie sind bekannt im ganzen Reiche,
Man nennt sie halt nur Schwabenstreiche.“