Was mache ich eigentlich den ganzen Tag? Nun, ich mache nichts und liege nur im Krankenhaus rum. Man macht mit mir, so sieht es aus.
Frau Brüllen will es trotzdem wissen
Bis 9 Uhr waren hier:
Rauschende weiße Wolke zur postoperativen Betrachtung
Schwester mit Schmerzdrogen
Schwester mit Lehrling zum Betten überziehen
Andere Schwester mit anderem Lehrling für Blutdruck, Temperatur und Puls
Reinigungskraft
Frühstücksfrau mit Tablett
Frühstücksfrau mit Nachschubkaffee
Verwaltungsfachkraft für Essenswünsche( alles umgepolt auf Müsli und frisch)
Handwerker für Heizung
Fachkraft für blaue Flecken nach OP.
Bis 11 Uhr geschieht Folgendes
Frühstücksfrau räumt ab.
Visite durch anderen Arzt und
Besichtigung der blauen Flecken
Frühstücksfrau kommt zum Tisch abwischen
Und entpuppt sich als Ehemaligeschülerinnenmutter
(ich liebe die deutsche Sprache, so kompakt)
Alle drei Kinder haben studiert und treiben sich in der Welt herum.
Die Eltern sind vor 20 Jahren aus Russland gekommen.
Solche Geschichten rühren mich ja immer sehr.
So, jetzt geh ich ein bißchen auf dem Flur spazieren.
Daraus wurde nichts.
Telefonat. Freundin fragt, wie es geht.
Telefonat. Freundin ruft an, fragt, wie es geht und kommt gleich.
Ziehe mich flurkompatibel an.
Lehrling kommt, um Verbandswagen zu kontrollieren und aufzufüllen.
Anderer Lehrling kontrolliert den Desinfektionsbehälter.
Bis 14 Uhr
Freundin kommt. Essen kommt.
Jetzt handelt es sich um echte Schonkost.
Reis, Geschnetzeltes, Banananquark, alles beige.
Mit festen Schuhen und am Arm der Freundin geht es
in die Cafeteria, die wir aufgrund akuter Charmelosigkeit
sofort wieder verlassen. Im gegenüberliegenden Bistro
bekommt die Freundin Pizza und ich Pfefferminztee.
Wir reden über Galle, die gerade den Bekanntenkreis
überfällt. Der Mann kommt zufällig auch vorbei auf dem Weg zu mir.
Bis 16 Uhr
Erholungsphase im Bett.
Lehrling kommt und fragt ob wir Tee oder Kaffee wollen.
Lehrling bringt Tee.
Schwester kommt und besichtigt Bluterguss und Pflaster.
Sie kommt wieder, erneuert Pflaster und desinfiziert ein bißchen.
Sie kündigt für morgen Pflastertotalentfernung und Ultraschall an.
Wir lesen die Tageszeitung und durchstöbern Kataloge mit Werbegeschenken.
Eine Münchner Freundin ruft an und lacht sich genau darüber kaputt.
Bis 18 Uhr
Die Sonne scheint ins Zimmer. Die Blutdruckschwester trifft ein mit Salbe und Messgerät. Der blaue Fleck gefällt ihr nicht. Nun, mir auch nicht. Beim Abendessen hat man sich dann richtig bemüht: Kochschinken und eine echte Tomate, toll.
Bis 20 Uhr
Anruf meiner Mutter mit tausend Kleinigkeiten, die mich in ihrer Gesamtheit überfordern.
Dann kommt wieder die Blutdruckschwester mit der Thrombosespritze und einem Eisbeutel für den blauen Fleck.
Ab 20 Uhr
Nur noch erholend lesen. Und die nächste Runde Schmerzpillen einwerfen. Mehr wird heute nicht passieren.
Frau Brüllen, kann ich jetzt schon abgeben ?