Tintin, die Römer und der Frieden

Das Alltagsbloggen hab ich ein bißchen einschlafen lassen. Das Wortschnittchen sitzt nun in Chile, zumindest meistens, und möchte halt wissen, wie es uns so geht, den Bloggern. (Lesen Sie bei ihr bitte ihre bezaubernde Liebesgeschichte)

Nun, ich sitze hier auf dem Balkon mit Blick auf die Mosel und denke darüber nach, welch große Bedeutung dieser kleine Zipfel Land doch hat. Unter mir ist Luxemburg, am anderen Ufer liegt Deutschland und ein paar Kilometer weiter ist Frankreich. Was man heute am Tag der Fussmallweltmeisterschaft gemerkt hat. Nein, kein Korso, iiiihhhh, bewahre, aber man schrie schon recht laut bei den französischen Toren.

Im Zipfel genau zwischen den drei Ländern liegt Schengen, ein Minidorf mit riesiger Bedeutung. Hier wurde wirklich Geschichte geschrieben, es gibt ein kleines Museum, ein Betonschiff mit Europasouvenirs und Bronzesäulen mit all den Ländern, die ihrer Grenzen öffenne. Welch Ort der Hoffnung in diesen finsteren Zeiten!

Das hier beschlossene Abkommen hat dazu geführt, dass wir rumfahren können, wo wir wollen, auf Feldwegen von Frankreich nach Deutschland und dann wieder zurück nach Luxemburg. Einfach so, ohne Grenzbeamte, ohne „ Steigen Sie bitte aus und öffnen Sie den Kofferraum“ wie wir das früher kannten. Ich bin alt genug zu wissen, was wir verlieren würden.

Auf französischer Seite gibt es eine Burg Malbruck, der Name ist eine Verhohnepiepelung des Feldherren Malborough, der hier seinen Stützpunkt wählte und eine Armeee mit 100.000 Soldaten versorgen musste. Was ihm nicht gelang. Nun hier ist alles Geschichte, und keine schöne. Durchziehende Heere, Schlachten, Kriege. Und wir spazieren vergnügt darin herum. Wie wertvoll ist der Friede, wie schön ist es, nicht um sein Leben fürchten zu müssen, nur weil man an einer Durschmarschstrasse wohnt. In der Burg gibt es jedenfalls eine Ausstellung zur Zeitschrift Tintin, Comics überall. Und wenn man die europäischen Comics anschaut, mit all ihrer Detailliebe und ihrer Mimik der Figuren, kann man getrost die glubschäugigen Disneykandidaten vergessen. Man ist von Raum zu Raum mehr fasziniert. Teilweise kenne ich die Helden aus Kindertagen. Tim und Struppi und viele nadere. Nur fage ich mich, wie ich damals zu belgischen Comics kam.

Gleich um die Ecke bei Perl gibt es eine wieder aufgebaute römische Villa mit römischem Essen, Gärten mit Gewürzpflanzen  und einen Glasbläser bei der Arbeit. Er erzählte, dass es Wissenschaftler in England gibt, die das römische Glas analysiert haben und auch genau nacharbeiten können. Und er baut es auch nach! Den Lehmofen hat er selbst gemacht, mit Holz erreicht er die nötige Temperatur von über 1000 Grad. Erwärmen nutzt nichts, sagte er, man braucht für Glas den Materiestrom der offenen Flamme. Die Farben sind noch was wunderbares. Ich bin ja vom Fach, so erläuterte er, dass das Hellgrün vom zweiwertigen Eisen aus dem Sand kommt. Farbloses Glas kann nur vom eisenfreien Quarzsand hergestellt werden. Das Blau kommt vom Kobalt, Rosatöne von Mangan in seinen verschiedenen Oxidationsstufen sogar bis zum Lila. Den Trick mit Gold hat er mir auch verraten. Glasscheibe, abkühlen lassen, Goldfolie drauf, nochmal ne Glasscheibe. Es gibt in London im British Museum wohl ein römisches Glas, das mit kolloidalem Gold und Silber hergestellt wurde. Rot und schimmernd. Doch bis heute kann das noch keiner nachmachen, nichtmal die weltberühmte Fachfirma. Nein, keine Namen.

Die Grundrisse der Villa hat übrigens ein Dorfschullehrer entdeckt, der bei seinen Spaziergängen im Wald merkwürdige Erderhebungen fand und dann beim Graben Römisches fand. Nun, man hat alles rekonstruiert, aus dem Wasserhahn im Bad tropft sogar das Wasser.

So, jetzt hab ich den Bauch voll mit wunderbarem Essen und ziehe mich gepflegt zurück. Und bitte, an der Mosel nur auf luxemburgischer Seite Essen gehen, oder auf französischer. Der Wein ist göttlich! ( ja, das Risiko einer fulminanten Migräne gehe ich heute ein)

 

Schengen

 

Villa Borg

Schloss Malbrouck

 

 

 


 

 


 


 

2 Gedanken zu “Tintin, die Römer und der Frieden

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