Diesen Mai 2019 werde ich wohl Zeit meines Lebens nicht vergessen.Drei schwere Krankheiten in der Familie, ein wunderbares Fest, wie ich noch nie eines erlebt habe, und eine verstörende Nachricht.
Eine junge Frau, die ich persönlich getroffen habe, hat Teile ihres Lebens erfunden. Und sie hat darüber geschrieben.
Ich weiß nicht, was sie dazu gebracht hat. Ich weiß nicht, wie es ihr jetzt geht. Ich habe ihre Geschichten gerne gelesen. Dass es sich um Literatur handelt, hat sie immer wieder in den Kommentaren geschrieben, wenn jemand etwas genauer wissen wollte. Überall lese ich schnelle scharfe Urteile.
Sind wir denn Richter? Wir sind Menschen, schwach, und in so vielem unfähig. Mancher wünscht sich mehr Buntheit in seinem Leben, es gefällt ihm nicht so wie es ist. Und so erzählt er Geschichten.
Ich bin ja schon so alt, als dass ich das verurteilen könnte. Ich habe Kinder erlebt, die Eltern erfunden haben, die sie nicht hatten. Sich schwere Krankheiten ausdachten, um vielleicht beachtet zu werden, oder gar geliebt. Einer hat eine Kneipe erfunden, die er geleitet hat, neben der Schule. Und ein anderer hatte einen Uniabschluss und Arbeitsstellen, die es nie gab. Ich habe ausnahmslos alles geglaubt, bis es plötzlich aufgedeckt wurde. Keiner konnte mir erklären, wie es dazu kam.
Und jeder fiel von der obersten, angesägten Stufe der Leiter ganz nach unten, jede Stufe brach durch. Da standen sie, nackt und bloß, und alles alles andere, was sie je gesagt und gemacht haben, war nichts mehr wert.
Was muss das für eine Anspannung sein, sich die Wahrheit und das Konstrukt gleichzeitig zu merken. Und die Angst, dass eines Tages alles auffliegt, begleitet einen bis in die Träume.
Vielleicht ist es aber auch ganz anders. Vielleicht kann man verdrängen.
Ach, was soll ich sagen.
Es bleibt ein zärtliches Gefühl für all die Gefallenen.
Trotz alledem.
4 Gedanken zu “Twitterlieblinge im Mai 19 Teil 1”
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„Es bleibt ein zärtliches Gefühl für all die Gefallenen.
Trotz alledem.“
Ganz viel Herz für diese Worte!
Ja, vielleicht muss man wirklich ein gewisses Alter und Lebenserfahrung erreicht haben, um das sagen und empfinden zu können, trotz alledem.
Danke Dir, liebe Liisa.
❤
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