Sinn frisst

Ich habe mich verliebt. Aber was heißt schon verliebt. Ich bin berührt, gerührt, von Bildern.
Aber nun ganz von vorne.
Es fängt mit einer kleinen Kreuzfahrt an. Man fährt von Bad Honnef aus mit der Fähre und nimmt die deutschesten Rheinüberquerung ever. Deutsch bezüglich Heldentum und wohin das alles führt. Rechts oben sieht man den Drachenfels, und wenn man sich nach links dreht, die Brückenpfeiler von Remagen.
Auf dem einen soll Siegfried durch das Drachenblut unverletzlich geworden sein. Und die Pfeiler stehen für eine der letzten Kriegshandlungen. Für die nicht gelungene Sprengung wurden Offiziere standrechtlich erschossen. Ludendorff Brücke

Auf der anderen Rheinseite, in den Hang hinein gebaut, wartet das Arp Museumauf Besucher. Da es auf der anderen Seite der Bahn liegt, hat man einen Tunnel gebaut, der durch den Bahnhof Rolandseck zu betreten ist. Ein Aufzug im Fels führt in die lichtdurchfluteten Hallen. Naja, Hallen sind es nicht. Ausstellungsräume mit viel Glas, so gibt es Licht und Bäume und ganz viel Rhein von hoch oben. Dali und Arp waren angekündigt, seltene Bilder von weit her gekarrt. Und hoch versichert. Meine Daliphase liegt schon weit zurück, ich mochte die Surrealisten einmal sehr. Aber in Ruhe vor Originalen stehen ist noch was ganz anderes. Vor vielen Jahren war ich in Figueres und stand mit anderen Touristen zuerst in der Schlange vor dem Museum und dann in Dreierreihen vor den Bildern. Viel Schweiß, viel Gedränge, viele sehr eindrückliche Bilder. Jetzt waren Skizzen angekündigt, ein paar Bilder und die künsterlische Beziehung zu Hans Arp. Ja, sie haben sich ein bißchen die Ideen geklaut.

Aber darüber möchte ich nicht schreiben. Ich möchte vom unteren Stockwerk schreiben. Menschen sehen mich an, verletzte Menschen, schmerzvolle Blicke in dunklen Farben. Und tote Menschen, Vögel mit verdrehten Flügeln, giftfarbene Insekten. Gnome in lila, kopfslose Wesen.
Ein Grauen, bei dem man fasziniert zuschaut. Weil es ganz tiefe Gefühle weckt. Hieronymus Bosch in modern. Bilder der Apokalypse. Für Kirchen, in denen Pestkranke beten.
Gemalt hat sie Jonas Burgert. Erwartet hatte ich einen gequälten Maler, dessen Züge seinen Figuren ähneln. Doch geliefert wurde ein freundlicher zugewandter Maler ohne Allüren, der über sein Leben, zu Anfang voller Entbehrungen, spricht. Der Name seiner extra für das Museum gemalten Bilder gefällt mir: Sinn frisst


So, beim Reingehen hatte ich Natrium als Element eingefügt an der Magnettafel. Beim Rausgehen hatten andere schon weiter gedacht, schön.
Danach eine Runde im zauberhaften Bahnhofsrestaurant drehen. Ich liebe es sehr und esse wie immer Austern.

8 Gedanken zu “Sinn frisst

  1. Oh ja, von Jonas Burgert habe ich in Wien auch schon eine Ausstellung gesehen. Mitreißend! Danke für die apokalyptische Wespe und das Interview !!

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