Corona 231

Rheinland Pfalz hat jetzt nur noch rote und dunkelrote Landkreise. In Baden Württemberg ist ein einziger gelb, Ravensburg, und in Bayern auch, Amberg.
Über 19.000 Neuinfizierte an einem Tag! Und über 100 Tote!
Und dabei haben sich die Leute doch so gut benommen. Das bißchen Essen gehen, die Geburtstage, Kinobesuche und ein kleiner Strandurlaub in Dänemark. Alles mit Abstand natürlich! Und Mundschutz! Als Kanzlerin eines solchen Landes würde ich verzweifeln. Ich stelle mir vor, dass sie zuhause tobt und gegen die Wand tritt. Allerdings hilft die Aufregung ja nichts, wie sie selbst sagt. So lässt sie das vielleicht auch sein und wirft nicht mit Jogurtbechern um sich.
Jedenfalls waren wir weltweit auf Platz 23, jetzt sind wir auf Platz 15.

Das ist aus „Kritik aus der Ärzteschaft“ vom Mittwoch aus der Tagesschau geworden. Gesundgeschrunpft.

Wenn man in Rheinland Pfalz wohnt, braucht man keine Götter. Man hat den Rhein und die Mosel, den Wein dazu und die Lebenslust, zumindest meistens.
Allerdings wird die Regel durchbrochen, wenn es um Fritz Walter geht. Ob man sich im Rest der Republik noch an ihn erinnert, ist fraglich. Hier gibt es seit Tagen Sendungen über ihn und seitenweise Zeitungsberichte. Über seine Frau Italia, seinen goldenen Mercedes, den er nie fuhr und seine Bescheidenheit. Das Wunder von Bern kumuliert in einer Person. In Kaiserslautern findet eine Fotoausstellung im Fritz Walter Museum statt. Er wäre heute hundert Jahre alt geworden.

Jan Vermeer hat heute auch Geburtstag, besser Tauftag. Er hat in seinem Leben 45 Bilder gemalt, 35 gibt es noch. Was der Beweis dafür ist, dass Klasse vor Masse geht. Ich erinnere mich noch so gut an das erste Mal zwischen ihm und mir. Es war in den 80igern in Amsterdam. Eigentlich wollten wir die Rembrandts sehen. Doch direkt neben der Nachtwache, im übrigen damals noch ganz dunkel und unrestauriert, lag ein Saal mit lauter recht kleinformatigen Bildern, die alles sprengten. Dieses Blau! Dieses Licht! Ich kam nicht mehr weg davon. An dem Tag habe ich mir noch ganz profan einen Seidenschal gekauft, in Vermeerblau.
Ich habe ihn heute noch.Bilder von Jan Vermeer.

Herr Buddenbohm geht spazieren. Mögen Sie mit ihm einen Gang durch die Stadt machen?

Beim großen Bruder stehen Wahlen an. Man hofft, dass es gut ausgeht. Walmart ist da realistischer. Die kennen ihre Pappenheimer.

Die Angst ist ein amerikanisches Phänomen. Ob sie berechtigt ist oder nicht, ein ganzes Land wird damit gesteuert. Nur ein solches Land mit dieser Waffendichte, der schlechten Polizeiausbildung und einem teilweise bigotten Verhalten kann so jemanden hervorbringen wie Stephen King. Ich konnte ihm nie viel abgewinnen, hatte auch nie Angst in der Geisterbahn. Auch vor Friedhöfen und ausgestopften Tiere fürchte ich mich nicht.
Ich muss mir lange überlegen, wovor ich eigentlich Angst habe.
Es bleiben nur Ereignisse, die ich selbst erlebt und fast nicht überlebt habe. Und selbst da war ich reichlich cool.
So finde ich den Halloweenspuk ziemlich albern und bin froh, dass heute keine Kinder zum Erschrecken vorbei kommen.
Ein bißchen Hintergrund zu Furcht und Angst liefert Stephen King himself.

Stephen King auf ARTE

Bei Twitter gab es eine kleine Diskussion zwischen Damen, ob es nun gut oder schlecht sei zu singen und zu klingen wie Reinhard Mey. Hier Frau Herzbruch, singend.
Das ist jedenfalls mein Lieblingslied von ihm.
Und ein schöner Abschluss des heutigen Eintrags.

2 Gedanken zu “Corona 231

  1. Ich weiß auch nicht, was Frau Merkel denkt oder tut im Privaten. Auf jeden Fall bin ich froh um ihre Besonnenheit und Offenheit in dieser Situation – wenn ich da in andere Länder schaue, möchte ich nicht tauschen. Die USA sind da mein abschreckendes Beispiel.
    USA, da sind wir ja schon bei Stephen King. Ich mochte seine Bücher als Teenie, das war kurz nach der Wende und völlig neuer Lesestoff für mich. Vorher war ich über jeden Schnipsel zum Lesen froh, den Brieffreunde aus dem Westen schickten. Und dann sowas, ich habe nächtelang durchgelesen. Aber wie habe ich mich gefürchtet, wenn ich morgens um halb sechs allein zur Bushaltestelle gehen musste! Heute ist die Stephen King – Phase längst vorbei. Aber er steht die US-Wahl betreffend auf der aus meiner Sicht richtigen Seite, das gefällt mir.
    Angst im eigentlichen Sinne hat mir auch Stephen King nicht gemacht. Auch ich muss erst überlegen, was mir wirklich Angst macht. Wenn ich darüber nachdenke, hatte ich immer nur wirklich Angst um meine Kinder.

    Danke für die Erinnerung an Vermeer. Das Mädchen mit dem Perlenohrring könnte ich stundenlang betrachten. Dieses Blau und das Licht. Kein Wunder, dass Sie einen blauen Schal gekauft haben.

    • Angst um…. genau das trifft es. Das habe ich auch. Um mich selbst allerdings weniger, da bin ich sehr pragmatisch.
      Dass es in der DDR nicht alle Bücher gab, war mir erst sehr spät klar.
      Im Februar 1990 war ich zum ersten Mal in meinem Leben in Ostberlin. Und habe vom umgetauschten Geld Bücher gekauft, Schulbücher, Chemiebücher und Klassik. Dass es eine Warteschlange vor der Buchhandlung gab, erstaunte mich sehr. Es gab nur zwanzig Einkaufskörbe. Waren die weg, durfte kein neuer Kunde mehr rein. Ich verstehe, dass man als Ostdeutscher diese Maßnahmen zur Zeit als sehr unangenehm empfindet. Jedenfalls gab es keine Tüten und man hat mir die Bücher in Packpapier und ner Schnur eingepackt. Im Haus des Lehrers war es ähnlich. Im Restaurant setzte man uns zu einem wildfremden Pärchen, mit denen wir uns über Bücher unterhielten. Sie kannten nichts, kamen an nichts ran, wussten nicht, dass die RAF-Leuten Osten versteckt wurden.
      Von zuhause aus habe ich ihnen dann das Stefan Aust Buch zum Baader Meinhof Komplex geschickt. Da sie sich nie bedankt haben, denke ich, dass es noch Stasi gab, dass sie das Buch nie erhalten haben. Die beiden haben mir erzählt, welche Spitzenkandidaten für die Wahl im April bei der Stasi waren, Ibrahim Böhme und Wolfgang Schnur. Als es später aufgedeckt wurde, wusste ich das schon.
      Am Bahnhof Friedrichsstrasse wurden die Grenzbeamten von Herren mit Kalaschnikows unterstützt. Man hat mich angeschrien, was denn in diesem Paket sei. Ich habe zurückgeschrien:
      -Bücher.Und ich pack sie nicht mehr aus, weil ich sie nie wieder in das Papier hineinbekomme.
      Plötzlich war er sehr gerührt.
      – Was? Sie nehmen Bücher von UNS mit? Welche sind das?
      Dann habe ich ihm erzählt, dass wir an der Uni Chemiebücher aus der DDR hatten, weil sie so gut waren. Und ich die klare Stuktur der Schulbücher mag.
      Ich durfte durch ohne irgendwas auszupacken durch.

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