Lieber Berthold Brecht,
zum Geburtstag gratuliere ich.
125 Jahre, nicht schlecht. Ich darf Dich doch Duzen?
Du warst der einzige moderne Dramatiker, den wir lasen in der Schule. Ja, Baden Württemberg. Wenn Du kein Schwabe gewesen wärest, sondern Berliner oder sowas, wärest Du sicher nicht im Lehrplan gelandet.
So aber haben wir den Kommunismus kennen gelernt, unabsichtlich natürlich. Und eine Vorstellung vom Leben armer Leute.
Und ein bisschen die Liebe. Und viel über die Kraft der Worte.
Und der Liebe.
Hat man Dich vergessen? Schulstoff bist Du nicht mehr.
Aber Deine Seeräuberjenny ist mir sehr nah.
„Und wen solln wir töten? Alle!“ ….und der Mond über Soho.
Und Marie A.
Im Berliner Ensemble denke ich immer, Du sitzt irgendwo hinterm Vorhang mit den Stoppelhaaren und dem Maokittel.
Ach.
Liebe Grüße croco
Erinnerung an die Marie A.
An jenem Tag im blauen Mond September
Still unter einem jungen Pflaumenbaum
Da hielt ich sie, die stille bleiche Liebe
In meinem Arm wie einen holden Traum.
Und über uns im schönen Sommerhimmel
War eine Wolke, die ich lange sah
Sie war sehr weiß und ungeheuer oben
Und als ich aufsah, war sie nimmer da.
Seit jenem Tag sind viele, viele Monde
Geschwommen still hinunter und vorbei
Die Pflaumenbäume sind wohl abgehauen
Und fragst du mich, was mit der Liebe sei?
So sag ich dir: Ich kann mich nicht erinnern.
Und doch, gewiß, ich weiß schon, was du meinst
Doch ihr Gesicht, das weiß ich wirklich nimmer
Ich weiß nur mehr: Ich küsste es dereinst.
Und auch den Kuss, ich hätt‘ ihn längst vergessen
Wenn nicht die Wolke da gewesen wär
Die weiß ich noch und werd ich immer wissen
Sie war sehr weiß und kam von oben her.
Die Pflaumenbäume blühn vielleicht noch immer
Und jene Frau hat jetzt vielleicht das siebte Kind
Doch jene Wolke blühte nur Minuten
Und als ich aufsah, schwand sie schon im Wind.
Jetzt aber Tiktok
Etwas besseres als den Tod finden wir allemal…