Corona zehn

Um zwei Uhr in der Nacht bin ich aufgewacht. Ein Flugzeug fliegt über das Haus. Da erst stelle ich fest, dass wir das ja seit Tagen nicht mehr haben. Wir leben in der Einflugschneise eines großen Flughafens mit Nachtflugerlaubnis und Militärabteilung. Halligalli allenthalben. Beschließt ein mächtiges Volk mit Allmächtigkeitsstatus, irgendwo bei einem anderen verstaubten Volk einzumaschieren um es zu maßregeln, wissen wir das schon zwei Tage vorher, weil unsere Nächte brummen. Jedenfalls  gibt es für eine Weile Ruhe hier, die Frachtflugzeuge ab und an stören nicht groß.  Die Sportflugplätze in der Nähe, die den Passagieren unseren Garten zeigen, haben auch ihren Betrieb eingestellt. Dieser shut down (brrrrr, was für ein ekelhaftes Wort, ich benutze es nur ein Mal ) hat also auch was Gutes.

Beruflich bin ich tätig heute. Die Ministerpräsidentin hat gestern durchgesetzt, dass Prüfungen stattfinden können. Ich hätte sie knutschen können!

Es sind die sterilsten Prüfungen meines Lebens. Lüften, sprayen, abwischen, der Triathlon der Coronakrise. Kein Unbefugter darf irgendwas anfassen, auch kein Befugter. Alles geht dann irgendwie gut. Im Krankenhaus habe ich gelernt, mit den Ellbogen die Türen aufzumachen. Und den Mantelstoff zu nehmen für die Knaufe. Jetzt brauch ich das Zeugs. Habe irgendwann mal die Ausbildung zur Krankenpflegehelferin im Katastrophenfall abgelegt. Als ich dachte, Florence Nightingale sei mein Idol und Medizin mein Ding. Wenn ich jünger wäre, hätte ich die Befürchtung, dass man mich jetzt einzieht. Das hieß es damals. Jetzt stände ich vermutlich nur im Weg rum.

Die Amerikaner sind jetzt auch coronamäßig an uns vorbei gezogen. Im Moment haben sie den dritten Platz erobert, nach China und Italien. Ist ja auch kein Wunder, mit dem größten aller Virologen als Präsidenten. Apropos Amerika. Der Freund rief wieder an und fragt, ob wir tatsächlich Klopapier hamsterten. Ja, viele machen das. Ich hätte auch gelesen, dass die Holländer Schlangen vor den Coffeeshops bildeten um sich noch mit Stoff einzudecken. Und dass die Franzosen eher Wert auf Wein und Kondome legten. Also, bei Walmart sei die Hölle los. Toilettenpapier in rauen Mengen , und Eier werden in den riesigen Einkaufswägen rausgekarrt. Und auch Waffen, sagt man.  Und alle haben Angst, Schulen zu Unis zu, Behörden zu. Und keine Möglichkeiten sich testen zu lassen bei Symptomen. Na super. Und ohne Versicherung kommt man nicht weiter als bis zum Emergency room. Die Krankenhäuser gehören Kapitalgesellschaften und sehen aus wie Hotels. Die Rechnungen sind immens und ohne Versicherung nicht zu stemmen.

Im erweiterten Freundeskreis gibt es große Probleme. Alles Selbständige, denen Aufträge weg brechen, die den Laden voller neuer Ware oder neu eröffnet haben. Und andere mit sicherem Einkommen haben andere Sorgen. Sie regen sich auf über die Aufgaben, die die Kinder von den Lehrer bekommen. Von viel zu schwer bis Unverschämtheit reichen die Antworten. Nun, es sind Aufgaben für die Kinder, nicht für die Eltern. Und die Bearbeitung soll  dem Zeitumfang des Unterrichts entsprechen.

Das Bild habe ich irgendwo im Netz gefunden, weiß aber nicht mehr wo. Ich lösch es gleich wieder.
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