Meine Liebe zu Frankreich ist ganz rein und völlig kritiklos. Die ersten Geschichten kommen von meinem Vater. Er erzählte von Orangenmarmelade und Veilchenbonbons, von Biarritz und Bordeaux. Bis da hin war er gekommen, als siebzehnjähriger Funker im Krieg.
Später war er beruflich viel in Frankreich, Import, Export.
Er behauptete immer , kein Französisch zu sprechen und zu verstehen. So saß er daneben, wenn der Dolmetscher redete und beobachtete die Leute. Ich bin mir sicher, dass er jedes Wort verstand.
Eine Tochterfirma lag bei La Rochelle, dort war er auch Geschäftsführer. So flog er schon in den Siebzigern mit ganz kleinen Maschinen in Frankreich um. Und erzählte dann von Burgen und Flüssen, vom Meer und vom Essen.
Wir sollten da hin ziehen, die ganze Familie. Ein Haus war schon gekauft. Wie hatte ich mich gefreut! Doch meine Mutter und meine Schwester hebelten das alles aus. Noch heute schmerzt es mich, wenn ich daran denke.
Doch später war ich dann überall. In Biarritz, in Bordeaux, in der Normandie an den Landungsstränden. Und in Paris am 14. Juli 94, als zum ersten Mal wieder deutsche Soldaten an der Parade teilnehmen durften. Helmut Kohl war da, Mitterand fuhr im offenen Kübelwagen an uns vorbei. Wir hatten uns bis ganz vorne durchgearbeitet um alles zu sehen. Und überall fand ich eine Telefonzelle, von der ich einen Vater anrufen konnte. An den Champs Elysées habe ich den Hörer rausgehalten, dass er mithören konnte.
Den Jubel bei der Tour de France hat er so mitbekommen und die Wellen des Atlantik bei Biarritz.
Viel später ist er dann mit Busreisen nochmals ins Burgund gefahren und nach Chartes und Reims. Er konnte damals schon ganz schlecht gehen und es war eine Qual für ihn.
Und keiner hat sich Zeit genommen zum Essen, alles schnell schnell, sagte er.
Nie vergessen werde ich all den fein geschnittenen Schinken und die Aprikosen und Pfirsiche, die er mitbrachte. Alles duftete.
Und roten Lacktaschen und frechen roten Mützchen für uns Kinder gab es auch.
Diese Cornonazeiten rühren in meinem Gedächtnis und bringen manch Vergessenes an die Oberfläche.
Mal sehen, ob ich die nächsten Tage einfach Urlaubserinnerungen ausgrabe. So als Ausgleich für diesen Sommer zuhause.
Beim Spazierengehen ist uns ein Wurf kleiner Mädchen begegnet. Alle 5 oder 6. Sie haben uns erklärt wo sie wohnen und wie sie heißen. Und sie haben erzählt, dass sie trotzdem zu Schule und zum Kindergarten gehen, obwohl Corona ist. Notebetreung? fragte ich. Sie nickten alle eifrig mit den Köpfen. „Und das ist so schön da,“ sagte eine mit ergriffenem Gesichtsausdruck.
Irgendwie passt das heute.