Mein Gott, so lange dauert die Krise schon.
In der Zeitung steht, dass die Arbeitslosenzahlen trotz Kurzarbeitergeld hoch gehen. Und dass die Jungen entlassen werden. Nicht erstaunlich ist, dass es diejenigen sind, die keine Ausbildung haben. Studenten vielleicht, Produktionshelfer, die ohne Lehre schnell an Geld kommen mussten oder wollten.
Ich kenne immer noch keinen im näheren Umfeld, der Corona hatte. Wir sind immer noch eine Insel der Seligen. Vielleicht sagt man es aber auch nicht mehr, aus Angst vor Ausgrenzung.
Bei Twitter kreist ein Zettel, den eine Krankenschwester bekommen hat. Eine Hausgemeinschaft möchte, dass sie auszieht. Sie wollen keine Seuche im Haus. Allerdings ist er nicht unterschrieben.
Gestern Abend gab es lange Gespräche im Cousin- und Cousinenkreis. Alle bleiben zuhause, entweder Homeoffice oder schon pensioniert. Sie leiden darunter, dass sie die Enkel nicht sehen dürfen. Und dass sie nicht reisen können auf absehbare Zeit. Sie berichten alle von umfänglichen Gartenarbeiten, ausgemisteten Schränken und gestrichenen Wänden. In der Großstadt will wohl keiner mehr Kleidersäcke haben und sie stapeln sich vor den Containern.
Früher hatte Smilla das Blog „anders anziehen“. Sie ist jetzt umgezogen und berichtet von ihrer Nachbarin, für die sie einkauft. Sie macht wunderbare Fotos von Menschen und erzählt ihre Geschichten.
Beim der Suche nach einem Lied für den 50. Coronaartikel ist mir ein Heiliger untergekommen. Ernst Neger wird heute noch in Mainz und drumrum sehr verehrt.
Noch ein Lied voller Alltagsweisheit von Otto Reutter: in 50 Jahren ist alles vorbei. Ich hatte den Namen zwar schon gehört, aber nicht gewusst, wie viele Lieder aus den Zwanzigern doch von ihm sind. „Seine Couplets zeigen somit den damaligen Zeitgeist recht eindrucksvoll“ steht bei Wikipedia
Eine sehr liebevolle Biographie:
Ich kenne eine Frau, die Corona hatte. Meine Hausärztin. Sie hat ihren Mann angesteckt. Der einen Mitarbeiter in seiner Firma. Alle beide haben sie nur einen weiteren Menschen angesteckt! Die 90jährige Mutter bzw. Schwiegermutter nicht. Auch nicht die Mitarbeiter und Patienten in der Praxis, auch nicht die Mitarbeiter in der Firma. Die mussten aber alle in Quarantäne.
Beide sind sie so Mitte/Ende 50. Es war schon heftig, sagen sie, aber es ging vorbei. Sie haben sich ausgeruht, dem Körper die Ruhe gegeben, die er brauchte. Vom Sofa zum Bett, vom Bett zum Sofa. Das war anstrengend genug! Nun haben sie Antikörper!
In meinem Landkreis leben ca. 50.000 Menschen. 300 Fälle hatten wir. 10 Sterbefälle. Max 15 Patienten gleichzeitig im Krankenhaus. Also, die meisten wurden zuhause gesund. Nun sind im Krankenhaus noch 2 Covid19-Patienten.
Ich hoffe, dass bald Schluss ist. Mein Krankenhaus hat Kurzarbeit angemeldet.
Unsere Krebspatienten sind verschwunden. Sonst hatten wir immer 20 auf der Onkologie. Sie werden offenbar momentan nicht behandelt. Corona ist wohl schlimmer?! Doch die freien Onkologie-Betten sind leer geblieben, die ganze Zeit!
Die Herzinfarkte haben sich halbiert. Angst vor Corona – das kriegt man im Krankenhaus!
usw. usf. etc.pp. … … …
Ach, es ist verrückt – im wahrsten Sinne des Wortes.
Dass alle überlebt haben und die Kette früh unterbrochen wurde, ist ein Glück.
Dass die Krebsbehandlung nicht weiter geht, ist keine gute Nachricht.
Ob es so ist, dass der Stress durch Beruf und Alltag schlimmer ist als der Coronastress?
Die Krankenhäuser sind ja so verrammelt, dass niemand mehr rein kommt zu Besuch. Wie in den Altenheimen auch. Schrecklich, da haben Sie recht.
Bei Twitter kreist ein Zettel, den eine Krankenschwester bekommen hat. Eine Hausgemeinschaft möchte, dass sie auszieht. Sie wollen keine Seuche im Haus.
In Großbritannien gab es mehrere solcher Fälle, las ich im „Guardian“. Mindestens ein NHS-Mitarbeiter bekam von seiner Vermieterin wegen Corona kurzfristig gekündigt mit der Begründung, sie fürchte um ihre Gesundheit.
Einfach ekelhaft.
Ja, ist es.
In solchen Situationen kommen die schlechtesten aber auch die besten Seiten eines Menschen heraus.
In unserm 80-Menschen-Dorf am Rande des Nirgendwo gab es zwei Erkrankte, Vater und Tochter. Der Vater starb. Er mußte sich nach einem Herzinfarkt noch einmal ins Krankenhaus begeben und hat sich dort angesteckt.
Die Quote ist blöd, unser sehr großer Landkreis hat nur zwei Tote zu beklagen.
Nummer drei kannte ich nicht. Der Bruder der Nachbarin arbeitete in Holland. Die Überlebensquote in Holland ist nicht sehr hoch, wenn es ernst ist. Und es war ein ernster Fall mit Hirnschlägen.
Mein Fazit: ich würde mich im Moment mit allem anderen, das irgendwie aufschiebbar sein könnte, nicht ins Krankenhaus begeben.
Auf dem Land kommt das Virus nicht voran. Außer es gibt große Treffen wie die Starkbierfeste in Bayern oder Karneval. Hier ist ein Altenheim betroffen. 7 von 8 Toten haben dort gelebt. Das sind die einzigen im Landkreis. Im Nachbarkreis kam eine Bank zum Erliegen, weil die Angestellten über Karneval mit Bussen beim Skifahren in den Alpen waren. Ich glaube, sie leben alle noch.
Ich sorge mich sehr um meine Mutter, die unbesuchbar im Krankenhaus liegt. Eine Alternative gab es nicht.
Oh weh! Allen guten Wünsche!
Danke. Vorher hat sie sich ganz munter und kampfbereit gezeigt. Ihr gefallen ein paar Sachen nicht.