Tag für Tag

Wenn Sie früh am Morgen einer Frau mit Glitzerohrringen und roten Locken begegnen, die ein großes Stierbadetuch unter dem Arm trägt, so denken Sie vielleicht, die geht jetzt schwimmen.

Geht sie nicht! Die geht in ein großes Backsteinhaus. Das Gebäude betreten im Zehnminutentakt noch viele andere Menschen, auch mit Badetuch unter dem Arm. Manche Männer tragen Mütze, Frauen auch. Einge haben ein Kopftuch umgebunden oder haben eine kurze Stoppelfrisur. Lippenstift hat keine, so eitel wie die Frau mit den Locken sind sie nicht.

Sie beäugen sie aber ausführlich: ist sie eine von uns? 

Ja, ist sie! Und sind die Haare echt? Tja.

Sie sitzt brav auf ihrem Stühlchen und wartet, bis sie aufgerufen wird, wie alle anderen auch. In der Umkleide macht sie sich dann nackig und nimmt nur das Badetuch mit.

Das ist für die Liege. Dann wird ihr Körper in die richtige Position gebracht. Es gibt Schalen für die Arme, die Beine, den Kopf. Schnell werden mit einem schwarzen Stift noch die Linien nachgezogen. Die Maschine sucht sich mit einem Lichtstrahl die Markierung und fãhrt langsam schnurrend einmal um den ganzen Körper. An der Decke leuchten weiße Wolken auf blauem Grund. Auch nicht echt, nichts ist echt hier, denkt sie.

Sind diese Überlegungen beendet, rollt sie ihr Badetuch wieder auf, zieht sich an und versucht, durch die verwinkelten Flure im Keller wieder nach oben zu finden.