Wmdedgt 6/16

Die Nacht auf Sonntag war eine dieser berühmten Highlightnächte. Sie sind zum Glück selten geworden in den letzten Wochen, trotzdem bin ich bis zum Morgengrauen wie ein Eichhörnchen auf Speed. Zumindest schaffe ich es, die Stunden ruhend und mit langweiligem Zeugs beschäftigt zu verbringen. Wenn Sie also mal wissen wollen, was langweilig ist und müde macht, fragen Sie mich, ich bin Profi. Zeitweise halfen Quarks & Co, im Moment führen Spiegelartikel über Banken und Wirtschaft.
Nun gut, um fünf ging die Sonne auf und ich ins Bett. Den Wecker um neun habe ich nicht gehört, bin dann aber liebevoll geweckt worden. Die immer vorhandene Migräneangst lässt mich Zeiten einhalten. Es war warm draußen, die Sonne schien , so gab es Frühstück auf der Terrasse.
Da blieb ich auch sitzen und habe gelesen, bis es Mittag wurde. Die ganze Nachbarschaft war in Bewegung, die Kinder auf der einen Seite wurden bespielt und fotographiert. Der andere Nachbar gruschtelte und stapelte Zeugs um. Exakt in der geometrischen Mitte zwischen beiden Unruhepolen saß ich und las. Herr croco war mit Büroarbeiten beschäftigt als ihn der Grillgeruch aus der Nachbarschaft heraustrieb.
Wir haben doch noch so ein elektrisches Ding, sagte er.
Ja, steht im Keller.
Er wollte also dagegen anstinken und installierte das Ding, was aussieht wie ein Sandwichmaker aber für Fleisch gedacht ist. Mein Vater hat es mal gekauft und durfte es zuhause nicht verwenden. Also schenkte er es mir.
Und da sollten nun Fleisch und Gemüse gar werden. Von Frau Wichmann auf twitter weiß ich seit Neuestem, wie man eindrucksvolle Dipps macht. Das wichtigste ist ein Rührstab. Dann braucht man was Süßes und was Scharfes, zwei Mal brumbrum, und dann, zack, fertig.
Der erste Dipp was aus Banane, Schmand und Curry ( von Frau Wichmann), der zweite aus Brombeergelee und Ingwerstäbchen ( selbst erfunden). Sie schmeckten beide toll.
Das Ziel aber, gegen die nachbarlichen Rauchschwaden anzustinken, haben wir nicht errreicht.
Wir werden aber sicher die einzigen bleiben, bis auf Herrn K. gegenüber, die nie einen Gasgrill haben werden.
So. Mittlerweile war ich so müde, dass ich den Nachmittag im Tiefschlaf in der vor sich hin schaukelnden Hängematte verbrachte. Ein kleiner Gartenrundgang und ein Schwätzchen mit dem Nachbar über Politik schlossen sich an. Dann kam ein gewaltiges Gewitter und wir habe es gerade noch geschafft, Polster und Hängematte reinzubringen.
Ich habe wieder gelesen, Herr croco machte Büro. Vor dem Film Rheingold mit magisch-schönen Bildern und Texten verdrückte ich meine abendliche Obstportion. Später war das Büro fertig und Herr croco gesellte sich mit Abendbrot zu mir. Wir zappten noch ein bißchen, schauen dann die aufgezeichneten Nachrichten an und ich ging ins Bett. Die folgende Nacht war geprãgt von herrlichem Tiefschlaf.
Das war aber nicht mehr gefragt von Frau Brüllen. Sie möchte immer wissen, was wir so tun am 5. eines jeden Monats. Wer schauen will, was andere so den ganzen Tag machen, schaut hier nach.

Twitterlieblinge im Mai

Zuerst hatte ich ja keine Lust, all die Tweets durchzugucken. Jetzt ist es aber mitten in der Nacht und ich habe nichts besseres gefunden. Bei Wordfeud hab ich nur Konsonanten und draußen regnet es. Aus Schusseligkeit hab ich den Turmfalken verjagt, der über dem Schlafzimmerfenster nãchtigt und der wird jetzt nass. Übrigens ist das das Jahr der Vogelnester. Sogar im Dachüberstand über der Haustüre haben sich Rotschwänzchen eine temporãre Bude geschaffen. Überall fiept* es und gestern fiel uns ein Kohlmeisenjunges vor die Füße. Mißlungener erster Flugversuch, nehme ich an.
Hier also eine Auswahl meiner liebsten Tweets vom letzten Monat. Bei Anne Schüssler gibt es mehr.

  • es zwitschert also überall

Warum ich Überschwemmungen liebe

In einer dieser kleinen schwäbischen Städte bin ich aufgewachsen, die in einem Tal liegen und praktisch aus Fachwerk bestehen. Zwei Mal im Jahr kam das Hochwasser zu Besuch. Meist merkten wir es, wenn sich vor dem Kinderzimmerfenster das Blaulicht der Feuerwehr drehte. Der kleine Fluß wurde zum großen Fluß und besuchte die Straßen und Keller der Anwohner. Er drückte sich durch die Gullies in die Staßen und alles, was schon im Abwasserkanal war, kam zurûck in die Häuser. Dort traf das Wasser auf die eingekochten Kirschen und Zwetschgen des letzten Sommers und nahm sie mit nach oben. Die Apfelsaftflaschen folgten ihnen. Die Eier und das Sauerkraut aus den Tontöpfen ließen die Gefäße zurück und trieben ebenfalls oben. Alles war eine elendige Sauerei und ein Riesenspaß. Die Feuerwehr pumpte und dann schrubbte man alles wieder sauber. Bis zum nächsten Mal.
Kam das Wasser bei Tag, konnte es sein, dass man dem Mühlbach entlang zur Schule radelte und beim Rückweg auf einen See traf. Dann war es gut, wenn man ungefähr wusste, wo der Radweg lag. Man beschleunigte so schnell es eben ging, zog die Beine an und schaffte es mit einem Schwung durch das Wasser. Wenn es schief ging, fiel man in die Pampe und roch dann etwas streng.
Ich liebte den rasch steigenden, rauschenden Fluß. Wenn der Opa zu Besuch war, ging er mit mir dahin, schweigend, Hand in Hand. Mein Vater mochte es auch, das Rauschen.
Er war mutiger als der Schwiegervater und wir nahmen die Holzbrücke ans andere Ufer. Mitten auf der Brücke blieben wir stehen und schauten in ins tobende Wasser. Es war mittlerweile so gestiegen, dass kaum noch Luft unter den Balken war. Immer wenn wir hier standen, erzählte er mir die Geschichte vom Lugenbriggle, also der Lügenbrücke. Wer gelogen hatte und über diese Brücke ging, den nahm das Wasser mit. Was waren wir froh, dass wir nicht gelogen hatten. Und wir spazierten vergnügt weiter. Bis eines Tages das Donnerwetter über uns herein brach. Der Fluß hatte nun doch die Brücke mitgenommen und es stellte sich heraus, dass wir beide noch eine halbe Stunde vorher auf den ächtzenden Balken standen. Meine Mutter hatte von der verlorenen Brücke in der Zeitung gelesen und schimpfte meinen Vater gründlich aus. Ich zog den Kopf gleich mit ein. Unsere verschwörerischen Blicke fanden sich und wir lächelten in uns hinein: das war es wert, das Rauschen.