Doñana zwo

Wenn man nun am Guadalquivir nahe den Vögeln und dem anderen Getier sein will, so hat man mehrere Möglichkeiten der Unterkunft. Direkt an der Küste gibt es den Ort Matalascañas, eines dieser spanischen Dörfern, die fast nur aus Zweitwohnsitzen bestehen. Und in deren Häusern im Herbst am Abend kaum ein Licht brennt. Man kann im Parador übernachten, der direkt über den weißen Sandsteinfelsen liegt. Ein Sonnenuntergang ist schöner als der andere. Oder man zieht die Tradition vor und man sucht sich ein kleines Hotel in dem Ort, in dem das andalusische Herz wild und laut schlägt. Das Dorf El Rocío besteht im Großen und Ganzen aus staubigen Strasse, Pferden, einer Menge kleiner Häuschen und einer Wallfahrtskirche. An Pfingsten brennt da die Hütte: ganz Andalusien reist an auf Pferdewagen und in Pünktchenkleidung. Es gibt Bruderschaften, die nur zu diesem Zwecke im Dorf ein Haus unterhalten. Am Tag der Tage stehen die stärksten Männer am Metallzaun in der Kirchen und warten darauf, drüber klettern zu dürfen. Dann geht der Kampf um die Madonna los. Sie wird auf den Sandplatz vor der Kathedrale getragen und von Bruderschaft umkämpft. Aber eigentlich darf jeder sie mal tragen. Dann ist das Fest zu Ende und alle reisen wieder heim. Der Rest der Jahres besteht der Ort aus Staub, Souvenirläden und Vogelkundlern, die mit ihren Spektiven, also den Ornithologenferngläsern, in der Lagune direkt am Dorf einiges zu besichtigen haben. Obwohl der Sommer ausgesprochen trocken war, gab es Reiher in verschiedenen Ausprägungen, Seidenreiher, Kuhreiher, Silbereiher, Löffelreiher. Wir sind ja zufrieden, die Tiere beobachten zu können. Ein Profi mit entsprechender Ausrüstung muss hier in  einen Vogelrausch verfallen. Von den Terrassen der kleines Hotels kann man direkt die Flamingos beobachten. Naja, wir haben sie am Horizont gesehen. Eine junge Frau aus einem Andenkenladen fragte, woher wir kommen. Ja, nach Deutschland, da würde sie gerne gehen. Und was mit Pferden machen, ihr Traum sei das. Wir machen hier alle was mit Pferden. Also, wenn jemand einen Platz für eine junge Frau hat, die nicht mehr auf einen staubigen Kathedralenvorhof schauen will, der fragt nach in El Rocío.

Beim ausführlichen Kampf um die Madonna kann man schon sehen, was wichtig ist in Andalusien. Ab 1:00:00 wird es so richtig spannend.


Doñana

Im Nationalpark Doñana, zwischen Portugal und der Mündung des Guadalquivir,  gibt eigentlich nicht viel außer Sand und salzigen Seen, ein bißchen Einsamkeit und viele besondere Tiere und Pflanzen. Für einige Vogelarten sind die abgelegenen Seen Brutgebiete und im Winter kommen die Zugvōgel, Störche, Enten, Kraniche aus Europa. Es ist ein Naturschutzgebiet, in das man nur mit geführten Touren reinkommt. Ja, wir haben es auch anders versucht, aber ohne Allrad ist man auf den Sandpisten verloren. Einen Teil kann man aber auch auf normalen Pisten befahren. Da wir niemals jemanden getroffen haben, scheint das auch nicht üblich zu sein. Die Spuren eines großen Waldbrandes aus dem letzten Jahr waren überall zu finden. Kilometerweise standen schwarze ausgebrannte Schirmkiefern an den Schotterstraßen. Angeblich war es Brandstiftung.
Der Jeepfahrer der Nationalparkverwaltung traute sich, fast dreißig Kilometer am Spülsaum der Küste entlang zu fahren, so dass wir die Wasservògel sehen konnten. Im Dünenland gab es weiße und schwarze Wälder, also war einmal der Boden zwischen den Schirmkiefern sandig oder eben von heide und Wacholder bewachsen. Es roch unglaublich gut. An den Süßwasserquellen fanden sich Hirsche ein und man kam sich vor wie auf einer Safari. Mitten im Naturpark lag liegt eine Villa, sie gehört mitterweile dem Staat, vorher war es ein Jadgschloss des Königs. Jetzt kommt Frau Merkel, sagte die Führerin mehrmals. Ich musste aufpassen, wenn es um Tiernamen- und Pflanzennamen ging, zuerst auf Spanisch, dann auf Englisch. Ich hätte mitschreiben sollen, ich habe sofort alles wieder vergessen.

Nationalpark Doñana

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Hundert Jahre

Was mein einer Großvater im ersten Weltkrieg gemacht hatte, weiß ich nicht. Der andere, Vater meine Mutter, war in den Gräben von Ypern, Jahr um Jahr. Er hat den Frontverlauf erlebt, wie er sich verschob um ein paar Meter in ein paar Monaten. Er erzählte von der Angst vor dem Gas. Von den Zeiten, als man einfach keine Lust mehr hatte, auf Engländer zu schießen. Und die  hatten auch keine mehr zurückzuschießen. Sie sprangen mit großen und weiten Sprüngen von Graben zu Graben, das hatte ihm imponiert. Er hatte Pferde zuhause und so betreute er hier auch welche. Bis zum bitteren Ende, bis sie alle so hungrig waren, dass sie sie aufaßen. Süß schmeckten sie, sagte er, sehr süß. Irgendwie gelangte er ins Elsaß, auf den Hartmannweiler Kopf. Ein Geschoss zerfetzte seinen Arm. Man brachte ihn ins Lazarett. Da lagen die anderen, Reihe um Reihe, vor einem großen Zelt. Diese gellenden mörderischen Schreie, die aus dieser Richtung kamen, konnte er Zeit seines Lebens nicht vergessen. Langsam begriff er, dass dort amputiert wurde. Man wollte ihm den Arm abnehmen. Er wehrte sich, brüllte, tobte, man solle ihm den Arm lassen. Ihn nur zusammennähen, das würde schon zusammenwachsen. Er wolle nicht am jüngsten Tag durchs Elsaß wandern und seinen Arm suchen. Das überzeugte den Chirurgen und er flickte ihn zusammen. Und genau so kam es auch. Der Arm blieb steif, aber er war da. 

Die Lebensfreude blieb ihm erhalten, er tanzte auf jedem Ball mit seinen Töchtern Walzer. Er hatte sechs davon. Und fasste nie wieder eine Waffe an. Als er starb, standen seine Kameraden von Kriegsversehrtenverband mit großen Fahnen am seinem Grab wähend ein Trompeter blies.

Hundert Jahre ist das her, dass dieser Krieg zu Ende ist.