Letzte Woche hat mich jemand gefragt: Sie sind doch Chilenin?
Nein, bin ich nicht. Wie kommen Sie darauf?
Sie sehen einfach so aus, die Haare und so.
Du hast doch chinesische Vorfahren, irgend so ein asiatischer Gleisarbeiter?
Nicht dass ich wüsste, aber ich frage zuhause mal.
Du bist doch Jüdin. Gib es einfach zu.
Nein, bin ich nicht.
Doch, Dein Vater sieht doch jüdisch aus, und Dein Name ist es auch.
Nein, ist er nicht.
Sogar im Flugzeug nach Tel Aviv sagte mir eine mir fremde Nebensitzerin:
Sie werden es leicht haben in Israel, Sie sehen jüdisch aus.
Am Gepäckband zwei Stunden später, ein älterer Herr:
Sie fallen nicht als Deutsche auf, Sie sind doch Jüdin.
Nein, bin ich nicht.
Die Taxifahrer in Jerusalem rücken alles wieder zurecht:
You are German. Where do you live there?
Der neue Freund der Freundin fragt, ob meine Eltern aus Polynesien stammten.
Ich würde aussehen wie eine Frau von den Fijinseln.
Die Romafrau an der Haustüre, der ich Geld gebe statt der Nahrungsmittel um die sie gebeten hatte: Du bist doch eine von uns, sag, von welchem Stamm?
Das wusste ich ja nicht und konnte es auch nicht sagen.
Doch, Du bist eine Roma, das sehe ich. Du bist immer so unruhig und willst weg, wenn Du irgendwo angekommen bist.
Vielleicht hatte sie ja recht.
Wo ich bin, sehe ich meist fremd aus. Und man sagt es mir.
Nein, ich bin auch nicht aus Korea. Mit einer Kollegin habe ich darüber gesprochen, wie so eine Einordnung von Menschen als Fremde geschieht. Hautfarbe? Haarfarbe? Augen?
Nein, sagte sie. Es sei die Art, wie jemand sich bewege, wie er schaut, wie er sich verhält.
Und das sei eben anders bei mir, irgendwie freier, aufrechter. Das würde man sehen.
Wer anders ist, muss eben ein Fremder sein.
Ich schaue mir die dunkelhäutigen jungen Männer an, die vom Sprachunterricht kommen.
Ihre Kleidung ist zu weit, sie gehen gebückt, schauen unsicher und nie direkt die Leute an. Ob sie je irgendwo dazu gehören?
Vielleicht kommen wenigstens sie ja irgendwann und irgendwo an.