Was ich eigentlich so den ganzen Tag mache, möchte Frau Brüllen wissen. Nun.
Bin sehr früh aufgestanden, da der Mann schon geschäftliche Telefonate führte, und dann früh gehen musste. So habe ich nach dem Frühstück noch Zeit Nägel zu lackieren. Nach dem letzten Desaster, der neue Lack verlief sich überall hin, benutze ich jetzt nur farblosen. Es reicht noch für eine Ladung in die Waschmachine und dann ab zur Schule. Dort läuft alles genau getaktet ab. Diese Abläufe habe ich drin. Wann kann ich in welcher Fünfminutenlücke was erledigen? ist mein Berufsmantra. Erschwert wird das dadurch, dass ich in drei verschiedenen Gebäuden arbeite. So ist alles ein Gerenne gegen Menschenströme, die genau diese fünf Minuten ebenfalls zum Raumwechsel oder für Sekretariatsgänge nutzen. Dann ist jeder Unterrichtsraum mit aller nötigen Technik ausgerüstet, Beamer, Smartboard, Dokumentenkamera. Das ist sehr schön, doch sind die Geräte zu unterschiedlichen Zeitpunkten angeschafft worden. Ist so in Schulen, weil die Geldzuwendungen der Kreisverwaltung unterschiedlich ausfallen. So ist bei einem Gerät der Anschaltknopf da, beim anderen dort. Einmal muss ich auf den Stuhl steigen, ein andermal muss ich zuerst zum Sicherungskasten, bis das Equipment läuft. Währenddessen stehen die ersten Schüler am Pult, und teilen Wichtiges mit. Sie haben einen Käfer gefunden, und ich möge ihnen bitte sagen, wie er heißt. Die Oma ist krank, und das hätte alle so aufgeregt, dass er unmöglich Hausaufgaben machen konnte.
Nun, der Vormittag wird unterbrochen durch einen Gang zur Wiese. Durch Regen lange verhindert, ist es nun soweit. Da ich vorher Pausenaufsicht habe, holen Schüler die Bestimmungsbücher aus der Bücherei. Beim Abmarsch fehlen zwei, einer ist auf dem Klo, der andere beim Zahnarzt. Sie finden sich unterwegs ein. Die Anweisungen gab es vorher an der Tafel, die Arbeitsblätter ebenfalls. Jetzt ist der gute Blick gefragt. Sie stürmen wie lang eingesperrte Fohlen auf die Wiese. Korbblütler? Schmetterlingsblütler? Hahnenfußgewächs?
Nein, Butterblume ist kein botanischer Name. Jetzt haben alle nasse Füße, trotz „Bitte nur am Wegesrand.“ Sogar die Klassenchaoten haben drei Blüten gefunden und richtig bestimmt. Sie wirken alle sehr zufrieden mit sich. Und eine sagt, dass sie noch nie so glücklich gewesen sei wie heute.
Kurz denke ich, wir bleiben einfach. Aber nun, es muss weiter gehen. Im Folgenden versuche ich noch, ein Smartboard von der Wand zu reißen, man kann es leider nicht hoch schieben, und ich stehe wieder auf dem Stuhl, dann ist der Unterricht vorbei. Zuhause mache ich noch etwas Himbeerquark zum Nachtisch, der Mann bringt das Essen mit. Er geht wieder arbeiten und ich liege mit wachsendem Bauchweh auf der Couch und lese im Internet. Es wird so schlimm, dass ich was unternehmen muss. In letzter Zeit hab ich Milchprodukte in kleinen Mengen gut vertragen, das scheint vorbei zu sein. Nach Laktasetabletten ist der Spuk vorbei und ich kann doch ins Sportstudio. Ausdauer und Krafttraining in Maßen schaffe ich zur Zeit gut zwei Mal die Woche. Heute ist wieder Kraftprotztag. Junge Männer mit knappen Trägershirts und Imponiergehabe rocken den Laden. Der Geruch nach Testosteron und Schweiß nimmt mir fast die Luft. Da sind mit meine Rentnertruppen mit ihren Tratschclubs und Gerätebesetzereien fast lieber.
Nun, die Welt ist ja nicht so eingerichtet, dass sie mir gefallen muss.
Zuhause wird geduscht und zu Abend gegessen. Ich lese die Zeitung, die immer langweiliger wird, seit der Chefredakteur geschasst wurde. Dann gibt es noch die NDR Talkshow, sehr witzig dieses Mal die Kelly Family, und dann Bett.